Mein Schatz: Massandra-Weine aus der Zarenzeit

Mein Schatz: Massandra-Weine aus der Zarenzeit

Massandra-Weine von der Krim zählen zu den außergewöhnlichsten Weinen der Welt. In Johannes Kings Weinkeller lagern einige Flaschen dieser Raritäten, die er wie einen Schatz hütet - hier erzählt er, wie er in deren Besitz kam. Wir hatten einen sehr guten, jahrelangen Stammgast aus Berlin, der auch ab und zu das ganze Restaurant im Söl'ring Hof exklusiv gebucht hat - für seine Gäste, für seine Freunde, allen, denen er ein bisschen Kultur beibringen wollte, denn Essen und Trinken waren seine große Leidenschaft. Auch besonders guter Champagner und vor Allem ausgefallene Süßweine waren sein Ding. Michael Gorbatschow hatte zeitgleich auf der Krim die berühmt-berüchtigten Zarenkeller von Massandra um einen kleinen Türspalt geöffnet. Ein paar englische Weinfachleute durften eintreten, sich vor Ort umsehen und 10.000 Flaschen mitnehmen. Die Flaschen wurden mit großem Aufwand – auch Presseaufwand – nach London gebracht und dort degustiert. Es waren verschiedene Sorten – viele davon sind auch in Versteigerungen gegangen. Unser Stammgast aus Berlin hat 120 Flaschen ersteigert. Der Wein ist ein extremes Nischenprodukt, das am normalen Markt überhaupt gar nicht verkäuflich ist.

Süßweine von der Krim

MassandraJetzt muss man natürlich wissen: Warum gibt es auf der Krim eigentlich Süßweine? Die Zaren haben früher Sauternes-Weine aus Frankreich nach Russland schicken lassen und die Russen waren große Liebhaber dieser Süßweine. Böse Zungen behaupten, sie hätten nur deswegen Süßweine getrunken, weil diese im Winter nicht eingefroren sind. Aber das ist natürlich Quatsch. Irgendwann haben sie entdeckt, dass sie auf der Krim eigentlich die perfekten klimatischen Bedingungen haben, um die Muskattraube anzubauen. Gesagt, getan, ist sie dort auch besonders gut gewachsen und die Krim hat den Wein nach dem Vorbild der großen Châteaux-Häuser aus Bordeaux produziert. Deswegen gibt es Zarenweine, diese ganz besonderen Weine. Unser Stammgast aus Berlin hatte nun also 120 Flaschen ersteigert und dann auch ca. 20 Stück mit Freunden getrunken – die anderen hat er gehütet wie einen Schatz. Vor zig Jahren ist er nach Australien ausgewandert und musste deshalb seinen ganzen "Hofstaat“ verkaufen, auch 80 Flaschen von diesem besonderen Süßwein. Nur wenige hat er behalten, einen ganz ganz großen Teil wollte er im Paket verkaufen. Aber es gibt ja keinen Verrückten auf der Welt, der so ein Paket kauft – bis auf mich. Ich weiß noch, ich stand in Paris – wir hatten schon eine Weile verhandelt – da rief er an und wir haben uns auf dem Gehsteig geeinigt. So bin ich mitten in Paris in den Besitz von 80 Flaschen Massandra-Wein gekommen, bestehend aus Tokay, Lombardia, Red Muscat und White Muscat. Das sind alles unterschiedliche Rebsorten, aber jeder für sich ein ganz besonderer Tropfen. Die Weine sind auf der Krim gewachsen und lagen dort seit fast 100 Jahren, ohne dass sie irgendjemand berührt hat. Wir haben im Söl'ring Hof eine Zeit lang ein paar Weine offen verkauft, also 5cl-weise. Einige Gäste haben die Weine auch in Flaschen mitgenommen, weil es besondere Geschenke sind. Inzwischen horten wir noch einen kleinen Schatz von ca. 20-30 Flaschen und schenken ihn im Moment nicht offen aus.

Außergewöhnliche Tropfen in jeder Hinsicht

massandra wein 1911

Auf Sylt fand mal ein großes Weinfestival statt und die Top-Elite der Winzer wie Daniel Gantenbein aus der Schweiz, Laurent Ponceau aus dem Burgund, Pauk Fürst aus Deutschland, und Heinrich aus Österreich waren meines Gäste. Wir hatten im Weinkeller einen sehr netten Abend zusammen und dann habe ich eine Flasche Massandra hervorgeholt. Sie wussten zuerst gar nicht, was das ist und waren entsprechend unvoreingenommen. Dann gingen wilde Diskussionen los, was das wohl sein könnte. Alle waren sich einig: Das ist etwas unglaublich Geiles! Aber niemand konnte es richtig zuordnen. Und dann habe ich die Flasche geholt. Zwar hatten alle bereits von Massandra-Weinen von der Krim gehört, aber noch nie einen getrunken! Die Weine haben einen sehr hohen Restzuckergehalt und im Verhältnis einen relativ hohen Alkoholgehalt, was eigentlich nicht funktioniert. Die Weine müssen wohl zwei bis drei Jahre ganz langsam vor sich hingegoren haben. Die sind so unverwüstlich, die können noch weitere 100 Jahre alt werden, überhaupt kein Problem. Deshalb freuen wir uns auch, dass wir noch ein paar Flaschen davon haben - und somit zählen diese Krim-Weine neben meiner anderen Leidenschaft, den Portweinen, zu meinen ganz persönlichen Schätzen.

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